Süddeutsche Zeitung, 18.04.2009
Bisher nur auf MySpace präsent, tritt Sängerin Andrea Schroeder nun im Substanz auf
"Internet Killed The Videostar" strickte Knarf Rellöm den Buggles-Hit über den Untergang von Radiogrößen weiter. Mittlerweile bedroht das Internet nicht nur Video-Sender, sondern übernimmt gleich den gesamten Musikmarkt - so man den Plattenlabels glauben will. Musiker, die bislang nicht von den Majors protegiert wurden, kann das vorerst natürlich egal sein. Im Gegenteil, sie erreichen jetzt via Internet eine Weltöffentlichkeit, wie das bislang nur Künstlern vergönnt war, denen der weltweite Vermarktungsapparat der Kulturindustrie zur Verfügung stand. Die Münchner Sängerin Andrea Schroeder beispielsweise kam zu ihrem kleinen Weltruhm einzig über die Internetcommunity MySpace. Da ihre Lieder nicht auf Tonträger erhältlich sind, ist hier der einzige Ort, wo man ihre melancholischen, an Nick Cave und Patti Smith erinnernden Lieder hören kann. Und genau dort hörten sie auch Künstler wie der Kanadier Francis A. Willey oder der US-amerikanische Beat-Autor und Herausgeber Charles Plymell, immerhin der Mann, der Allen Ginsberg einst die Musik von Bob Dylan vorstellte.
Beide kooperieren nun mit Schroeder via Internet und schreiben ihr Liedtexte. Andere wie der New Yorker Soundtrack-Komponist Richard Horowitz entwarfen ihr auch schon mal die Musik. Als sie zu einem Kulturfestival nach Italien eingeladen wurde, erwartete Schroeder einen kleinen Auftritt zwischen vielen anderen Musikern. Stattdessen war sie der Star des Abends und musste ihr viel kürzer geplantes Konzert um einige Stücke und Instrumentaleinlagen verlängern. Einer ihrer Begleitmusiker ist Hubsi Widmann, der als Schandmaul-Gründer auch mittelalterliche Instrumente wie die Drehleier ins Repertoire einbringt.
Trotzdem gelingt es der Schroeder und ihrer Band, eine ebenso verträumte wie bedrohliche Musik jenseits von Elfenromantik und Ritterspektakel zu schaffen. Mit einer fast traurigen Grundhaltung, die auch den Walkabouts-Frontmann Chris Eckman berührte, als er Schroeder auf MySpace entdeckte. Sofort bot er ihr eine Plattenproduktion an. Die steht bislang noch aus, vorerst hat Schroeder ihm Aufnahmen zugesandt, die noch nicht im Internet zu hören sind. Die richtige Produktion in Eckmans Studio macht der virtuelle Star Andrea Schroeder noch von den Zeitplänen ihrer Mitmusiker abhängig. Am Sonntag, 19. April, kann man sie dafür im Substanz live erleben, mit Band und unterstützt vom Münchner Singer-Songwriter Phil Vetter, der sich im Vorprogramm auf dem Klavier begleitet (Ruppertstraße 28, Telefon 72 12 749, Einlass 20 Uhr).
DIRK WAGNER
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